Dienstag, Juli 26, 2011

Man darf das Glück nicht zwingen. Oder erzwingen?

Na ja, ihr kennt den Spruch ja selbst. Ein neuer Tag, ein neues Mantra, ein neues Stoßgebet mit immer gleicher Stoßrichtung. Ich habe gestern, als mir mein Herz so weh tat, einen Buchladen betreten mit dem festen Entschluss ein Buch zu finden, das ich lesen und dazu nicken kann, das beschreibt wie es gestern in mir aussah. Ich verbrachte mehr als zwei Stunden in diesem Geschäft. Ich las einen Roman von Gioconda Belli an, suchte nach den Tagebüchern von Erich Mühsam und Brigitte Reimann, bemerkte zum ersten Mal bewusst, dass die erste Hälfte von "Adler und Engel" in Leipzig spielt, stand lange vor einem Buch dessen Cover und Titel mich überzeugten, das aber durch seine eingeschweißte Jungfräulichkeit nicht offenbaren konnte, ob der Inhalt schritthalten kann - und schließlich kaufte ich ein Buch. Keinen neuentdeckten Schatz, sondern eines, das ich bereits seit über einem Jahr aus dem Augenwinkel betrachte und das bisher immer zu sagen schien: "Später. Warte noch ein bisschen. Ich komme auf dich zu. Es kommt der Tag, da bin ich dein Buch, bin ich vielleicht deine Geschichte." - keine Ahnung, ob gestern dieser Tag war. Aber ich habe es mitgenommen. Heute habe ich ein paar Seiten darin gelesen, bis ein Begriff über die Seiten huschte, der mich so vieles denken ließ. Intertextualität ist - gekonnt eingesetzt - ein Fest für den Leser, ein plötzliches Aufhorchen - die Erinnerung an ein anderes Leben, ein anderes Buch - Welten berühren sich leicht - und dann der Drang, schnell etwas nachzuschlagen, noch einmal nachzulesen, wie es dort war, in der anderen Welt.
Da musste ich das Buch zur Seite legen. Auf Seite 25, schwappt einw andere Geschichte, ein anderes Leben, ein anderes Ich herüber und ich strecke meine Arme aus und lasse das Buch aus den Händen gleiten - geht nicht. Es ist nicht das erste Buch, das ich teilen möchte, aber es ist das erste, das ich nicht alleine lesen mag. Es duldet nicht das zeitversetzte Klicken der Standleitung zwischen Jetzt und Gleich. Mir kommt in den Sinn, dass man im Englischen "to be on the same page" sagt, wenn man aus dem selben Fenster auf die Welt blickt und plötzlich ahne ich, was es bedeutet. Das Buch liegt also vorerst hier so rum auf dem Wohnzimmertisch und wartet. Wartet immer noch. Will vielleicht sagen, dass gestern nicht der Tag war. Ich weiß es nicht. Aber vielleicht habe ich gestern doch - ohne es wirklich zu merken - ein Buch gefunden, das beschreibt, wie das ist. Wenige Zeilen nämlich bevor mich der intertextuelle Brückenschlag ausknockte, beginnt ein Kapitel so: "Weil das Leben so sinnlos ist<<, sagt Mia, >>und man es trotzdem irgendwie aushalten muss, bekomme ich manchmal Lust, Kupferrohre beliebig miteinander zu verschweißen.". So ist es. Es könnte auch etwas anderes sein. Aber der Grund. Der stimmt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen