Sonntag, November 27, 2011

Was wir nicht haben.

Zeit ist, was wir nicht haben. Ich zucke die Schultern, weiß, dass es stimmt, und lasse an diesem Sonntag dennoch Arbeit Arbeit sein. Wird schon werden, denke ich mir und tue, was ich eigentlich immer tue, wenn es anfängt in den Ohren zu rauschen vor Deadlines: Ich greife zur Gitarre. In diesem Jahr sind sie ein wenig kurz gekommen, meine besaiteten Schätze. In der Atemlosigkeit Wales', der Stille des Sommers... erst jetzt in freudiger Erwartung des Winters, des Fertigwerdens für dieses Jahr kommen sie wieder zum Zug. Morgen ist schließlich auch noch ein Tag, um Vergil und Homer zu vergleichen. Kann von hier aus ohnehin nicht viel machen ohne alle Bücher. Also sitzen Diotima und ich schon seit einer guten Stunde hier und wälzen uns durch die Massen an Papier, durch Internetsammlungen von tabs und spielen etwas an, etwas aus, manchmal anders, manchmal so genau wie es geht. Üben für Heiligabend. Mal wieder etwas schreiben. Nur so. Denn Zeit ist, was wir nicht haben. Musik soll nicht auch noch dazu kommen.

Mittwoch, November 23, 2011

"Damit niemand ohne Segel ist"

Heute sind wir Feuerwerk. Rote und weiße Funkenflüge, keine Glühwürmchen, sondern Meteoritenschauer. Du hältst es in der Hand, das faustgroße Bündel aus Melodie. Wenn deine Hände krampfen, wird es Stichflamme, kotze ich seismographische Ausschläge an die Wände. Du wischst die Tafeln hinter meinen Augen ab, auf denen alle Kinderschuhvisionen, alle Expeditionsansinnen festgehalten waren, und sagst: Fang nochmal an. Ich kann mir Dinge ausdenken und wir machen dann Wirklichkeit daraus. Wir zeichnen eine Karte und dann geht es los.
Heute sind wir Feuerwerk. Versengen die Hoffnungen, die andere in den Himmel gehangen haben. Wir verglühen. Rot und weiß. Auseinander stiebend. Zueinander gehörend. In unseren Augenwinkeln blitzt von außen aufgefahrenes Blendwerk, das uns nicht anficht, einen lächerlich blassen überladenen Rahmen bildet für das gleißend helle sich Aufzehren, das wir sind. Feuerwerk.

Montag, November 14, 2011

Weil mein Zuhause weit weg ist


„Von hier aus habe ich keine andere Sprache. Ich kann dir Videos mit weißem Rauschen schicken, mit sich brechenden Wellen und hoffen, dass du verstehst, aber ich weiß, es ist zu vage. Von hier aus habe ich keine andere Sprache als die beiden, derer ich versuche Herr zu werden. Über diese Distanz schweigt es sich schlecht gemeinsam. Ich kann deine Gedanken nicht sehen von hier. So vieles geht verloren in dem Knistern in der Leitung, zwischen Bits und Bytes ohne Satzzeichen und Atemzüge.
Leg deine Hände auf die Melodie, die seit Jahren an diesen Wänden steht und schreib unsere Namen darunter. Der Rhythmus aus versetzten Herzschlägen macht ein Lied daraus. Ich zeichne dein Gesicht nach, das fern von hier vielleicht aus einem Fenster schaut, vielleicht auch hinein, zeichne dein Gesicht nach und frage mich, was deine Augen wohl sehen, was sie suchen und erzählen. Meine Finger malen dich auf Tischplatten und Kühlschranktüren. Mein Blick ist heute durch die Luft spaziert, Stuckdecken sammelnd und Fensterbögen, in einer Stadt, in der ich mein Zimmer jede Woche anders streichen will. Das taugt nicht zum erzählen. Es plingt im Kopfhörer. Schon wieder so vieles, das unverstanden bleibt, Sätze, die nicht gemeinsam geschwiegen werden können und die erneute Erkenntnis, dass Sprache so erschreckend wenig kann.
Ich muss dir nicht erst erklären, dass meine Seele heute im Nachtwind flatterte. Deine Hand auf meiner – kilometerweit – erfasst es sofort, ob du es weißt, oder nicht. Es gibt nichts zu erzählen, nichts zu berichten. Wir werden ins Bett gehen mit nichts als der Hoffnung, dass eine höhere Macht – Magnetfelder oder Luftströmungen – auch den Rest von A nach B trägt. Dass nichts verloren geht von dem, was nicht hineinpasst in diese lächerlichen 30 Buchstaben.
Denn von hier aus habe ich keine andere Sprache. Alles, was übrig bleibt (die zitternden Hände, das Ziehen im Brustkorb, gekratzte Namen auf gefrorenen Autoscheiben, den hüpfenden Schritt auf dem Heimweg und das Luftmelodikasolo), vertraue ich der Nachtluft an und denke, dass es gehen muss, dass es schon ankommen wird, jetzt, wo keine Vögel mehr fliegen, nur ein paar Flugzeuge noch.“

Had I known

Had I known

That I’d offer my life to you
That I’d rip open my chest in hope
Cut my throat in the morning dew,
and close my eyes to limit the scope

Had I known this would feel like a landslide
Like the darkest, coldest of days,
a polar expedition to not be at your side,
a thorough feeling of „not okay“

Had I known that it’d hurt just the same
For long periods inbetween,
and the weeks when you’re far away
like a shadow from where I’ve been

The black dog won’t disappear -
Had I known!
I wouldn’t have come here
On my own

Samstag, November 12, 2011

It lasts one day.

Which is way better than not at all. But still awfully short. My life is running on self-destruction mode today.

Mittwoch, November 09, 2011

Große Pläne, hehre Ziele, heißes Herz

Ich müsste jetzt eigentlich mal still sein und das weiß ich auch. Es ist nur schwierig, weil es gerade im Moment so unheimlich viel zu sagen gibt... - Oder gibt es tatsächlich viel zu sagen? Ich bin mir nicht ganz sicher. Vielleicht gibt es auch nicht sehr viel zu erzählen und mein Mitteilungsbedürfnis ist einfach nur gerade mal wieder etwas größer. Jedenfalls habe ich bereits das Gefühl, ein bisschen nervig zu werden.

Aber es hilft nichts. Man muss tun, was man tun muss. Und da zur Zeit nicht besonders viel meiner schriftlichen Ergüsse in meine Hausarbeit fließt, müsst ihr das jetzt ausbaden. Tut mir ja fast ein bisschen Leid. Denn eigentlich wollte ich diese Arbeit nun bald hinter mich bringen, um endlich mit all den schönen Dingen anzufangen, die ich mir so zurecht geplant habe. Dieses Wochenende geht es los. Nein, eigentlich ist das schon nicht wahr, schließlich habe ich bereits vor ungefähr einem Monat mit der Planung begonnen und nun verlangt all mein Sein nach einem "Auf die Plätze...!".
So einfach soll es aber nicht sein. Vor einer knappen Woche ist die Liebste wieder Richtung Süden gereist und hat mich nach großartigen Tagen voller Licht ein bisschen orientierungslos zurückgelassen, sodass - jetzt, da das eigene Zugticket nach Innsbruck gekauft ist - erstmal nachgearbeitet werden muss. Das umfasst das Ausdenken großartiger Interviews, genauso wie das Übersetzen ellenlanger Ausoniuspassagen und von den Finnischvokabeln wollen wir noch so lange schweigen, bis ich damit angeben kann ;). Aber ich will mich durchaus nicht beklagen!
Mein Terminplan für die nächsten drei Wochen ist straff, aber strukturiert und beinhaltet neben unliebsamer Stupidität auch einige erfreuliche Lichtblicke. So wird dieses Wochenende vermutlich ein wahres Feuerwerk des Augenleuchtens durch Leipzig blitzen. Erst wird am Samstag noch ein bisschen geschafft (fingers crossed) und dann geht es abends ins Haus Auensee zu Jenifferrrrrrr Rostock. Susi wird auch dabei sein und wir werden unser Haupthaar stilsicher von links nach rechts schwenken und mit überragender Textsicherheit beeindrucken.
Für den Sonntag dann habe ich bereits alles beschafft, um mein tückisches Komplott zu schmieden und ich habe mir sogar bereits künstlerische Unterstützung bei Laura gesichert. Eigentlich kann also nicht mehr viel schief gehen, aber da es für mich eine absolute Premiere ist und bei solchen bekanntlich allerhand ungeplantes passieren kann, will ich noch nicht zuviel verraten. Wenn aber alles glückt, wird es hier schon bald ausführliche Schilderungen und auch Bilder geben, die auch eure Augen aufblitzen lassen werden - vor Neid!

Heute noch so: Ich habe einen wichtigen Schritt Richtung Arbeitsabgabe getan, bin eine Stunde lang auf einem Fashionblog versackt, hab mich über Gleitmittel und ihre jeweilige Gesundheits(un)bedenklichkeit belesen, habe eine Unmenge an Nachrichten geschrieben und versucht, sie gleichmäßig auf alle zu verteilen, brillierte in meinem Seminar mit mangelnder Vorbereitung, erkannte, dass man mit 23 keinesfalls zu alt ist, um noch auf der Suche zu sein, und freue mich nun darauf, später mit Kristin auf die Karli zu gehen, eine Kneipe zu suchen und dort ein bisschen zu versumpfen.

Was soll ich euch noch erzählen? Mein Leben ist zur Zeit kein langer Erzählstrang, sondern eher eine Reihe von vielen kleinen Bildern und Szenen, die so schön sind, dass einem das Herz zerspringen mag. Zum Beispiel heute Morgen die an die behauchte Scheibe gemalten Schmetterlinge. Oder gestern Abend in übergroßen Wollsocken über die Küchenfliesen gleitend und dem Knistern des Radios lauschend, während der Wasserkocher zum Crescendo ansetzte und die Teetasse schon bereitstand. Oder im Park, wo Kinder Springseil sprangen und kreischend Blätter in die Luft warfen und den Herbst bejubelten. Oder letzte Nacht, als der Durst mich gegen ein Uhr nochmal völlig verschlafen aus dem Bett trieb und ich im Flur auf Georg traf, der im Halbdunkel seine Wäsche aufhängte. Überrascht murmelten wir uns kaum verständliche Grüße zu. Ich: "Tee in der Küche", er: "Wäsche ist fertig". Wir nickten. Alles verstanden. Gute Nacht.
Was ich sagen möchte: mein Leben ist eine Ansammlung von kleinen Wunderbarkeiten im Moment. Kein großes Erzählen eines neuen Epos (zumindest noch nicht hier), sondern ein Unter-die-Lupe-nehmen des alltäglich Schönen. Macht ruhig auch die Augen auf und schaut mal.

"Das einzige Problem sind die Augen..."

Solange du eine Sonnenbrille trägst, gehts. Da bist du jemand anders. Jemand, der hinter runden, dunkel getönten Gläsern tellergroßes Himmelblau versteckt oder brunnenschwarze Abgründe, in die schon viele hineingefallen sind. Mit Sonnenbrille fällt es nicht auf, dass deine Augen nicht mitgehen, bei der mimischen Akrobatik, die du pausenlos darbietest. Wenn du deinen Mund verziehst, die Stirn in Falten legst, die Nase kraus ziehst oder mir die Zunge rausstreckst und sich in den Brillergläsern die Welt spiegelt, dann ist das nie aufgesetzt, bist das so sehr du, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass du manches mit unbewegter Miene sagst. Es ist großartig, wie du das machst, wie du eine Geschichte erzählst und gleichzeitig schon schauspielerst.
Das einzige Problem sind die Augen. Deine Augen, die irgendwie etwas ganz anderes zu sagen scheinen. Die nichts zeigen, von dem großen Selbstbewusstsein, das dein schiefes Grinsen proklamiert. Die Farben deiner Kleider sind knallig, dein Gang federnd, fast hüpfend, dein Gesicht der Sonne zugewandt - nur dein Blick ist weich. So weich, als könnte man einfach hindurchgehen, als hättest du die Augen nur zum sehen. Nicht zum Lachen, zum Sprechen, zum Licht machen.

Donnerstag, November 03, 2011

"Wenn ich jetzt weiterrede"

... ich möchte ein Lied mit euch teilen. Noch nicht davon erzählen, was ich mit Vera unternommen habe. Morgen vielleicht. Heute nur ein Lied. Leider ist es in der gewünschten Version von Ulla Meinecke nicht online zu haben und die anderen Versionen kommen einfach nicht ran. Also beschränke ich mich darauf, euch hier den Text zu posten:

Wenn ich jetzt weiterrede,
wiederhole ich mich nur:
"Ich vermiss dich so",
das hast du jetzt gehört
und der Hörer, den ich nicht auflege,
ist meine Rettungsschnur -
ich hoffe nur,
ich hab dich nicht im Schlaf gestört.

Frühstück am Bahnhof - viel zu früh - noch gar nicht bei mir.

Alles fiel mir aus der Hand, meine Arme waren noch viel zu weich von dir.
Dann stundenlang in diesem Zug träumte ich zum Fenster raus.
Meine Jacke riecht so nach dir, ich hab getan,
als macht das Wegfahrn mir nichts aus.

Doch heute Nacht häng ich am Telefon

- du fehltest mir vor der Abfahrt schon.

Nur noch die paar Wochen, am Tag komm ich ganz gut zurecht
 
doch wenn die Nacht mir auf den Kopf fällt oder Regen
wird mir vor Alleinsein schlecht!

Und heute Nacht häng ich am Telefon
-
du fehltest mir vor der Abfahrt schon.

Und wenn ich jetzt weiterrede
,
wiederhole ich mich nur:
dass ich dich liebhab,
das hast du jetzt gehört.
Und der Hörer, den ich jetzt auflege,
war meine Rettungsschnur.
Ich hoffe nur,
ich hab dich nicht im Schlaf gestört.