Dienstag, Juni 22, 2010

Diffusion

Ich habe gestern mal schnell ein Buch gelesen über das sich-Auflösen. Das diffudieren ins Grenzenlose. Also in das, wofür wir ursprünglich gemacht worden sind. Und darin stand dieser Satz: "Wer keine Lust hat, kann gar nichts machen. Überhaupt nichts.", gestern schob ich diesen Satz noch vor mir her wie eine unverhofft gefundene Kostbarkeit. Etwas, das entgegen aller Illusion wahr ist. Heute aber sitze ich in einer Vorlesung, in der die Rücken der Studenten an den Stuhllehnen kleben bleiben vor Hitze und alles Leben diesen Zustand stumpfen Herumwaberns angenommen hat, in dem das Verlangen seinen Höchstpunkt erreicht, sich aber noch nichts bewegt, der Körper noch keine Konsequenzen gezogen hat aus dieser innerlichen Verschiebung. Die Frau neben mir spürt es auch, glaube ich. Sie spürt auch, dass in ihrem Gehirn elektrische Impulse hin und her geschossen werden, die nur noch nicht stark genug sind, die Hände einige Zentimeter nach links zu bewegen.
>Wer Lust hat, kann alles tun<, schießt es mir durch den Kopf. Sie schaut herüber, als hätte sie das gehört und sieht mir auf die Hände, dann in die Augen. >(noch) nicht< will sie vielleicht sagen, als sie mir ein Papierschiffchen rüberschiebt, auf dem mein Name steht. Hand und Hand berühren sich für einen flüchtigen Augenblick und bleiben dann so nah nebeneinander liegen, dass auch das Nicht-Berühren fühlbar wird. Jetzt müsste ein Erdbeben kommen. Ein ganz leichtes. Die Welt soll sagen: "Jetzt macht doch endlich!". Sie schaut mich wieder an, als warte sie auch. Mit Seismographenblick. Schaut auf unsere Hände. Oder nur auf die Uhr.
Wer Lust hat, kann alles tun. Warum entscheiden wir uns dafür, nichts zu tun?

2 Kommentare:

  1. Oah, darüber möchte ich am Donnerstag aber mehr hören. *_*

    AntwortenLöschen
  2. es gibt zwei möglichkeiten. entweder a) weil das nichts dem alles so nah ist, dass wir es äußerlich kaum zu unterscheiden vermögen und im moment eins sind. oder b) weil es die welt im gleichgewicht hält. weil es uns die weiterhin einfachen strukturen bietet, an denen wir uns so gerne fest halten. weil ein handeln immer verändert und man sich - überspitzt gesagt - ein neues weltbild aufbauen müsste.

    a) heißt wir sind blind und sprechen in der retroperspektive von fehlern, weil wir es nicht erkannt hätten. wir täuschen uns selbst.

    b) heißt wir sind faul (haben keine lust, eine neue sicht zu kreieren) und können demzufolge gar nichts machen. in der retroperspektive sprechen wir dann hier von: "es hätte ja eh nichts gebracht" - konjunktive konjunktive.

    wir brauchen ein c) ... welches das sein könnte, weiß ich auch nicht so genau.

    AntwortenLöschen