Ich bin übers Ziel hinausgeschossen. Ich hab dich mit Isolierband repariert und Blumen gemalt, wo Risse waren. Hab gesagt, dass vielleicht nur eine kleine Narbe bleibt und alles gut wird. Natürlich, alles gut. Ich griff nach deiner Hand, den Berg hinauf und hinunter, in Gedanken am Strand. Den Blick nach vorn, drückte ich deine Linke im Takt meiner Schritte, erzählte vom Meer und vom Ankommen und jedes zweite Wort war "bald". Fühlst du das Rauschen? Bald kannst du es sehen. Hörst du das Salz in der Luft? Den wogenden Horizont? Alles wird gut. Und nur dein Zauberpuls als Antwort, meinen Arm hinauf und dort angekommen, verharrte er unsicher zwischen Kopf und Brustkorb. Deinen Herzschlag in der Kehle, fühlte ich mich verstanden.
Und nur nach vorn. Durch Felder und dann über Dünen und endlich am Ufer. Und ich wollte sagen, Schau, wie groß es ist! Kannst du das Ende sehen? Oder auch nur erahnen? Wir könnten versuchen, hindurch zu schwimmen und kämen niemals an! Wir könnten uns hierhin setzen und es würde Tag und Nacht und dann Winter und wieder Sommer und wir würden alt werden vielleicht, aber das Meer wäre immer noch genauso unheimlich groß. Und auch meine Liebe wär noch da. Genauso unheimlich groß. Das wollte ich sagen und holte Luft, sah dich an - doch es war nur deine Hand. Ohne Arm, ohne Schulter, nur ein bisschen Isolierband klebte noch daran. Alles wird gut. Aber eine Hand wächst nicht wieder nach. Keine Narbe. Nur ein fühlbares Nichts. Alles wird gut, hab ich gesagt... ob sie dir wohl fehlen? Die fünf Finger, meine Lieblingshand? Ob sie dir wohl fehlt? Ich bin übers Ziel hinausgeschossen. Vielleicht wird alles... Am Ende könnte das Meer doch zurück weichen. Ein Horizont aus Festland könnte auftauchen. Wenn ich nur lang genug schaue. Vielleicht ist auch das Meer nur heimlich groß.
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